[MI 15 2012] Update Gelangensheitsbestätigung

Seit Januar 2012 sollen Exporteure eine „Gelangensbestätigung“ des Abnehmers vorlegen, um im EU-Binnenhandel die Mehrwertsteuerbefreiung geltend zu machen.

Gemäß aktueller <link www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Umsatzsteuer/2012-06-01-Beleg-und-Buchnachweispflichten.html _blank external-link-new-window "Opens external link in new window">Mitteilung</link> und <link www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Umsatzsteuer/2012-06-01-Beleg-und-Buchnachweispflichten.pdf _blank external-link-new-window "Opens external link in new window">BMF-Schreiben</link> vom 01.06.2012 haben die Vertreter des Bundes und der Länder im Hinblick auf die Kritik der Wirtschaft jetzt eine erneute Änderung der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) befürwortet und die Gelangenheitsbestätigung bis zum Inkrafttreten der geänderten UStDV verschoben – die Nichtbeanstandungsregelung wird bis dahin weiter verlängert.
„Für bis zum Inkrafttreten einer erneuten Änderung des § 17a UStDV ausgeführte innergemeinschaftliche Lieferungen wird es nicht beanstandet, wenn der Nachweis der Steuerbefreiung noch auf der Grundlage der bis 31. Dezember 2011 geltenden Rechtslage geführt wird.“ (IV D 3 – S 7141/11/1003-06 | 2012/0464230)
Der Nachweis der Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen kann noch auf der Grundlage der alten Rechtslage geführt werden. 


Zum Hintergrund: 
Durch die „Zweite Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen“ vom 02.12.2011 wurden u. a. die §§ 17a, 17b und 17c Umsatzsteuerdurchführungs-verordnung (UStDV) mit Wirkung vom 01.01.2012 geändert. Für innergemeinschaftliche Lieferungen wurden die bisher geltenden Nachweismöglichkeiten abgeschafft und durch einen einzigen Beleg, die sogenannte „Gelangenheitsbestätigung“ ersetzt. Dabei handelt es sich um eine Bestätigung des Abnehmers, dass er die Ware an einem bestimmten Tag und Ort erhalten hat.
Auf Grund der starken Kritik hat das Bundesfinanzministerium im Rahmen seines Schreibens vom 09. Dezember 2011 eine Nichtbeanstandungsfrist bis zum 31. März 2012 eingeräumt, in der weiterhin die Rechtslage vor dem 31.12.2011 angewendet werden darf. Diese erste Frist wurde wegen der weiterhin andauernden starken Proteste um weitere drei Monate bis zum 30. Juni 2012 verlängert. Ein entsprechendes offizielles <link www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Umsatzsteuer/014_a.pdf _blank external-link-new-window "Opens external link in new window">BMF-Schreiben</link> wurde im Februar 2012 herausgegeben. Ein endgültiges Schreiben zur UStDV und den Auswirkungen auf den Warenverkehr innerhalb der EU wird sich voraussichtlich noch verzögern, da noch viele Punkte einer Klärung bedürfen. 

Die Vertreter des Bundes und der Länder haben auf Fachebene mit Blick auf die Kritik der Wirtschaft an der Gelangensbestätigung eine (erneute) Änderung der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung befürwortet. Mit der Änderung sollen in erster Linie die in dem derzeitigen Entwurf des BMF-Einführungsschreibens vorgesehenen Vereinfachungen und Erleichterungen abgesichert werden. Zusätzlich wird geprüft, ob weitere Vereinfachungen (auch mit Bezug auf die bisherigen Belege wie die sog. weiße Spediteursbescheinigung) möglich sind. Keinesfalls kann aber - wie teilweise von Verbandsseite gefordert - hinter die bis zum 31. Dezember 2011 geltende Rechtslage zurückgegangen werden.

Was nach der Vorstellung des Gesetzgebers zu einer Vereinfachung führen sollte und zunächst einfach klingt, bereitet in der Praxis von Beginn an große Probleme und führte zu massiver Kritik vieler Wirtschaftsverbände. Neben dem Umstand, dass die Gelangenheitsbestätigung als solche im Ausland häufig unbekannt war und noch ist und die Abnehmer sie deshalb zunächst nicht unterschreiben wollten, betraf die anfängliche Kritik z. B. die Frage der persönlichen Unterschrift des Abnehmers. 

So war es nicht auszuschließen, dass die Finanzverwaltung die Gelangenheitsbestätigung nicht anerkennen würde, wenn eine andere Person als der Abnehmer (z. B. ein Arbeitnehmer ) den Empfang quittiert. Verstärkt wird das Problem dadurch, dass es das Muster vom Bundesfinanzministerium (BMF) nur in deutscher, englischer und französischer Sprache gibt und ein Abnehmer aus anderen Ländern mangels sprachlichen Verständnisses die Bescheinigung in einer anderen Sprache korrekt ausfüllt oder überhaupt unterschreibt.

Noch größere Schwierigkeiten und Fragen ergaben sich bei Lieferungen durch einen Spediteur bei sogenannten Reihengeschäften. 

Entgegen dem ursprünglichen Ziel, eine Nachweiserleichterung zu schaffen, wäre der Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung angesichts der hohen formalen Hürden weitaus schwieriger als früher gewesen und hätte für Deutschland zu einem deutlichen Wettbewerbsnachteil im Vergleich zu anderen europäischen Staaten geführt. Aufgrund der massiven Kritik hatte das BMF bereits zum zweiten Mal den Anwendungszeitpunkt der Gelangenheits-bestätigung verschoben und eine Übergangsregelung bis zum 30.06.2012 getroffen, nach der es nicht beanstandet wird, wenn der Nachweis für innergemeinschaftliche Lieferungen noch auf der Grundlage der alten Rechtslage geführt wird. Gleichzeitig hat das BMF viele Kritikpunkte der Verbände aufgegriffen und in einem zweiten Entwurf eines BMF-Schreibens zur Anwendung der Gelangenheitsbestätigung in vielen Punkten Abhilfe geschaffen. Die vereinfachenden und erleichternden Regelungen betreffen in der Hauptsache die folgenden Punkte:

  • Die Gelangenheitsbestätigung hat der Unternehmer grundsätzlich in seinen eigenen Unterlagen aufzubewahren, in bestimmten Fällen reicht es aber aus, wenn sie sich beim Spediteur befindet.
  • Die Gelangenheitsbestätigung muss sich nicht zwingend aus einem einzigen Beleg, sondern kann sich auch aus mehreren Dokumenten mit den insgesamt erforderlichen Angaben ergeben.
  • Die Gelangenheitsbestätigung muss nicht nach amtlichem Vordruck erbracht werden, das Muster soll die Nachweisführung erleichtern.
  • Das Gelangen des Liefergegenstands in das übrige Gemeinschaftsgebiet ist auch mit anderen, die Gelangenheitsbestätigung ersetzenden Dokumenten nachweisbar, aus denen die erforderlichen Angaben hervorgehen.
  • Die Möglichkeit der elektronischen Übermittlung der Gelangenheitsbestätigung durch den Abnehmer selbst oder einen von ihm beauftragten Dritten ohne Unterschriftserfordernis.
  • Die Möglichkeit der Vertretung des Abnehmers z.B. durch seinen Arbeitnehmer zur Abgabe der Bestätigung.
  • Die Gelangensbestätigung muss nicht für jede einzelne Lieferung erstellt werden, es sind auch Sammelbestätigungen möglich.
  • In Versendungsfällen kann die Gelangenheitsbestätigung ein Versendungsbeleg (z.B. ein CM R-Frachtbrief) sein, der alle erforderlichen Angaben enthält.
  • Wird die Ware durch einen Postdienstleister transportiert, reicht ein Posteinlieferungsschein aus. 

Die erleichternden Vorgaben aufgrund des neuen BMF-Schreibens weichen jetzt aber von der gesetzlichen Ausgestaltung der Gelangenheitsbestätigung in § 17a UStDV ab, die z.B. unverändert als Nachweis einen einzigen Beleg und die Unterschrift des Abnehmers fordert. Um ein zukünftiges steuerliches Risiko beim Nachweis innergemeinschaftlicher Lieferungen für die Unternehmer auszuschließen, wurde daher angeregt, die Regelung des § 17a UStDV entsprechend dem BMF-Schreiben zu ändern. Auf diese Forderung haben die Vertreter des Bundes und der Länder jetzt reagiert.

Mit der erneuten Änderung der UstDV sollen die vorgesehenen Erleichterungen und Vereinfachungen gemäß derzeitigem Entwurf des BMF-Einführungsschreibens abgesichert werden. Gleichzeitig wird geprüft, ob noch weitere Vereinfachungen (wie etwa die sog. weiße Spediteursbescheinigung) möglich sind. Bis dahin bleibt es bei der Nichtbeanstandungsregelung: Der Nachweis der Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen kann noch auf der Grundlage der alten, bis zum 31.12.2011 geltenden Rechtslage geführt werden.


<link www.somm.eu/uploads/media/Anlage_1_zum_Entwurf.pdf _blank external-link-new-window "Opens external link in new window">Muster der Gelangenheitsbestätigung</link>


Weiteres Hintergrundmaterial

Obwohl die Vertreter des Bundes und der Länder dem Ziel des Bürokratieabbaus nach eigener Angabe eine hohe Priorität einräumt, wirkt das Bundesfinanzministerium dieser notwendigen Zielsetzung mit neuen Belegnachweispflichten bei steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen derzeit entgegen. Gemeint ist die „Zweite Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen“ (BGBl. 2011 I, 2416), die Auswirkungen auf die Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) hat. Sie zieht eine erhebliche Mehrbelastung der Unternehmen nach sich. Vor allem mittelständische Firmen werden mit erhöhtem Mehraufwand und hohen Kosten zu kämpfen haben.

Innergemeinschaftliche Warenlieferungen sind nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 Bst. b i. V. m. § 6a UStG umsatzsteuerfrei. Nimmt ein Unternehmen diese Steuerbefreiung für sich in Anspruch, müssen die Voraussetzungen des § 6a UStG nachgewiesen werden. Dies geschieht durch die in den §§ 17a, 17c UStDV genannten Buch- und Belegnachweise. Hier hat die Bundesregierung eine grundlegende Änderung zum 01. Januar 2012 beschlossen, der durch den Bundesrat am 25.11.2011 zugestimmt wurde.

Bis Ende 2011 genügte es bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, wenn ein deutsches Unternehmen dem Finanzamt eine Bestätigung des Spediteurs über die Lieferung des Gegenstands in das übrige Gemeinschaftsgebiet vorlegte, um zu belegen, dass die Ware Deutschland verlassen hat. Hiermit waren die Anforderungen des § 17a UStDV a.F. erfüllt und das Produkt konnte exportiert werden, ohne dem Kunden die Mehrwertsteuer in Rechnung zu stellen. Nach der neuen Fassung des § 17a der UStDV, die seit dem 01.01.2012 gilt, genügt dieser Nachweis nicht mehr, um die Steuerfreiheit zu sichern.

Seit dem 01.01.2012 muss der Unternehmer neben einem Doppel der Rechnung eine sogenannte „Gelangensbestätigung“ vorlegen (§ 17 a Abs. 2 UStDV n. F.). Dies ist eine Bestätigung des Abnehmers, die nachweisen soll, dass der gelieferte Gegenstand tatsächlich in den Bestimmungsmitgliedsstaat gelangt ist. Der Abnehmer im Gemeinschaftsgebiet muss damit bei der Nachweiserbringung für den liefernden Unternehmer gegenüber den deutschen Finanzbehörden mitwirken. Bei Versendungsfällen gibt es in § 17a Abs. 2 S. 2 UStDV n.F. zwar eine Vereinfachung, die besagt, dass diese Gelangensbestätigung auch gegenüber dem Spediteur abgegeben werden kann. Der leistende Unternehmer muss in diesem Fall aber eine schriftliche Bestätigung des Spediteurs besitzen, dass dieser über den Beleg verfügt und der Beförderer muss ihn auf Verlangen beim Finanzamt vorweisen können. Da der deutsche Unternehmer die Beweislast trägt, muss er für eventuell pflichtwidriges Verhalten des Spediteurs einstehen.

Die Buchnachweise nach § 17c UStDV wurden von Soll-Vorschriften („Der Unternehmer soll regelmäßig folgendes aufzeichnen: …“, § 17c Abs. 2 UStDV a.F.) zu Muss-Vorschriften („Der Unternehmer hat Folgendes aufzuzeichnen: …, § 17c Abs. 2 UStDV n.F.). Auch hierdurch kann es zu erheblichen Mehrbelastungen in Unternehmen kommen.