Statement SOMM: Agenda Spezial – Der Musikwirtschafts-Gipfel

- es gilt das Gesprochene Wort -

Daniel Knöll, SOMM-Geschäftsführer auf dem Musikwirtschaftsgipfel am 14.06.2018 (c) Tagesspiegel Verlag

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank Herr Amling für die einleitenden Worte.

Als Branchenverband vertreten wir die Interessen von Unternehmen, die rund zwei Drittel des deutschen Musikinstrumentenmarktes repräsentieren.

Wir sind neben recorded music und der Live-Entertainment-Branche eine der drei tragenden Säulen der Musikwirtschaft.

- Überleitung –

Leider sieht sich die MI-Branche massivem behördlichem Druck ausgesetzt. Die Bürokratie lässt die dritte Säule bröckeln.

Grund dafür: Seit Einführung der Listung bedeutender Klanghölzer in Anhang B der EG-Artenschutzverordnung ist eine umfangreiche Buchführung laut BArtSchV Pflicht.

Diese starre Anwendung bedroht den Musikinstrumenten-Fachhandel und behindert den Großhandel.

Dazu drei kurze Fallbeispiele die das Bürokratie-Monster näher beschreiben:

1.      Ein Einzelhändler in Niedersachsen erhält von seiner zuständigen Landesbehörde die Auskunft, die Buchführung (Laufende Nummer, Eingangstag, Typ, Holzart, Gewicht der betroffenen Baugruppe, Name des Besitzers, Abgangstag) müsse in einem handschriftlichen gebundenen Buch erfolgen.

Im Gegensatz dazu erhält ein Einzelhändler aus Schleswig-Holstein von seiner zuständigen Landesbehörde die Auskunft, die Angabe von Gewicht und Baugruppe sei entbehrlich, die Eintragungen könne auch in Form einer elektronischen Datei erfolgen.

2.      Ein Verbraucher möchte bei einem Einzelhändler eine Gitarre bestellen. Er erhält die Auskunft, dass der Lieferant derzeit wegen Rückfragen beim Hersteller nicht in der Lage ist, die Ware mit den erforderlichen Angaben für die Rechnung (Baugruppe, Gewicht) auszuliefern. Die Konsequenz: Der Verbraucher bestellt die Gitarre bei dem Onlinehändler z. B. in Spanien, weil der sofort liefert.

3.      Und das bringt das Ganze dann auf die Spitze … Der deutsche Großhändler bestellt beim EU-Alleinvertrieb in den Niederlanden Gitarren eines US-Herstellers. Der niederländische Importeur weigert sich, für die Gitarren Handelsrechnungen mit Angabe von Baugruppe und Gewicht auszustellen, weil er es nicht muss. Im schlechtesten Fall wir der deutsche Großhändler diese Gitarre aus seinem Programm nehmen müssen oder er erwägt einen Onlinehandel im Ausland zu eröffnen und von dort aus deutsche Kunden zu beliefern.

Beispiel 1) zeigt, dass durch die bundesweit uneinheitliche Anwendung die Verordnung ad absurdum geführt wird. Dadurch entstehen alleine schon innerhalb Deutschlands massive Benachteiligungen des einzelnen Marktteilnehmers. Obwohl alle 16 Bundesländer, das Bundesamt für Naturschutz und das Bundesumweltministerium in der LANA zusammengeschlossen sind, konnte bis heute, augenscheinlich keine übereinstimmende Praxis gefunden werden.

Beispiele 2) und 3) machen deutlich, dass deutsche Marktteilnehmer gegenüber dem europäischen Ausland aufgrund dieser zusätzlichen Verordnung - die es eben nur in Deutschland gibt - massiv im Wettbewerb beeinträchtigt werden. Die Folge: Kunden und Kapital wandern ab… Existenzen sind bedroht.

Übrigens: Wichtig zu wissen. In Relation zu den Gesamteinfuhren aus Holz machen Musikinstrumente etwa 0,03 % aus.

Wie an den Beispielen 2 und 3 gezeigt: Die Bundesartenschutzverordnung behindert den freien Warenverkehr und verstößt gegen die EU-Grundfreiheiten. Die zusätzlichen Anforderungen durch die Bundesartenschutzverordnung diskriminieren den deutschen gegenüber dem europäischen Einzelhandel und stellen eine einseitige faktische Marktzutrittsschranke nur zu Lasten der Händler mit Sitz in Deutschland dar.

Ein und dasselbe Produkt unterliegt also auf dem deutschen Markt unterschiedlichen Regelungen - je nachdem, ob es von einem deutschen oder einem ausländischen Einzelhändler angeboten wird.

Eine, der deutschen Buchführungspflicht, vergleichbare Regelung existiert nach Kenntnis der SOMM EU-weit in keinem anderen Land. Es handelt sich hierbei um eine massive Ungleichbehandlung.

Darüber hinaus haben wir bei der Buchführungspflicht datenschutzrechtliche Bedenken.

Denn es ist die Pflicht der Einzelhändler, beim An- und Verkauf eines entsprechenden Musikinstruments von Privatleuten Name und Adresse zu erfassen. Das verstößt gegen aktuell geltendes Datenschutzrecht.

Außerdem würde dies bedeuten, dass der Musikfachhändler den damit verbundenen Pflichten voraussichtlich nur unter Zuhilfenahme spezialisierter Anwälte oder Datenschutz-Dienstleistern nachkommen könnte. Eine weitere und zusätzliche Belastung.

- Gedankenpause -

Alles in Allem handelt es sich hierbei um ein nicht zeitgemäßes Bürokratie-Monster, das die Verwaltung nachweislich überfordert und zudem dem Artenschutz nichts bringt - aber die Unternehmen der MI-Branche gravierend belastet, die sich, wie wir auch, zum Artenschutz ausnahmslos bekennen.

Mit Blick auf die massiven Wettbewerbsnachteile für die deutsche Musikinstrumentenbranche und darüber hinaus bestehenden datenschutzrechtlichen Bedenken, ist es dringend geboten, schnellstmöglich eine Legalausnahme in die Bundesartenschutz-verordnung aufzunehmen. Das Kulturgut Musikinstrument ist bedroht!